Radical Times. gestern, heute, morgen

Eine situative Ausstellung mit performativen Datenvisualisierungen, von Studierenden der Visuellen Kommunikation, im öffentlichen Raum.

Nicht erst seit Erlangung des Hochschulstatus vor fünfzig Jahren war die Kunstuniversität Linz Ausgangspunkt und Zeugin von interessanten Geschichten und hat auch Veränderungen der Stadt Linz direkt mitgestaltet. Als radical collective spüren Studierende der Abteilung für visuelle Kommunikation Geschichten und Daten nach, aus denen sich die Gegenwart zusammensetzt und die Zukunft gedacht wird. Zu sehen sind Arbeiten von Studierenden, die sich damit auseinandersetzen, was die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der unmittelbaren Umgebung der Kunstuniversität ist und sein wird oder sein sollte.

Historische Ereignisse werden dabei im Hier und Jetzt sichtbar und erfahrbar gemacht. Zahlen zur Kunstuniversität oder zu ausgewählten Aspekten der Stadt Linz werden szenografisch bzw. in Form von performativen Datenvisualisierungen veranschaulicht, die gemeinsam mit dem New Yorker Künstlerduo Data Vandals, bestehend aus Jason Forrest und Jen Ray entwickelt werden.

Auch die spekulative Natur der Zukunft wird in den Blick genommen: zusammen mit Bewohner*innen von Linz soll darüber nachgedacht werden, wie sich die Stadt und die Gesellschaft weiter entwickeln könnten.

Ziel ist es, radikal-kollektive Visualisierungsformen zu entwickeln, die Daten, Verhältnisse, Geschichten und Zukünfte mit performativen Mitteln lustvoll im Stadtraum präsentieren und dabei mit der Linzer Bevölkerung in Kontakt treten. Sie zeigen, dass die Kunstuni mitten drin und Teil der gesamten Stadt ist.

Impressum:
Eine performative Ausstellung der Abteilung für visuelle Kommunikation der Kunstuniversität Linz organisiert von Anna Artaker, Tina Frank und Marianne Lechner

Szenografische Umsetzung: Clemens Bauder
Foto: Wakolbinger

PROJEKTE DER STUDIERENDEN

Martha Büchel und Anna Painer || no poster is big enough to list all the reasons we are here

Demonstrationen, Proteste und Versammlungen spiegeln politische und gesellschaftliche Knackpunkte und bieten einen Einblick in die Bedürfnisse und Anliegen einer Generation. no poster is big enough to list all the reasons we are here archiviert Slogans und Parolen von Demonstrationsbannern von den 1940ern bis in die Gegenwart, die bei Kundgebungen am Linzer Hauptplatz hochgehalten wurden. Gesammelt wurden diese bei einer Recherche im Linzer Bildarchiv. Die alphabetisch geordnete Liste der Slogans dokumentiert die Geschichte des Hauptplatzes und der Linzer in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit.

Liza Belkevich || Namebook. HALLO your name is?

Greetings! Allow me to introduce a remarkable tome—a book showcasing the Linz Statistics, unraveling the ever-shifting popularity of names among both the city’s inhabitants and students of the Art University. Immerse yourself in a journey that spans two decades, and uncover the current TOP 10 names of Linz’s population. Prepare to be enchanted as you witness the metamorphosis of name popularity over time within the pages of the Name Book.

Philip Paulus || Entwicklung in Farbe

Entwicklung in Farbe am Boden des Hauptplatzes zeigt das Verhältnis von internationalen und österreichischen Studierenden an der Kunstuniversität Linz seit 2001. Auf einer ca. 16 Meter langen und 80 Zentimeter breiten Leinwand reihen sich Rot und Gelb aus der Itten’schen Farbenlehre wiederholt aneinander. Mit Blickrichtung auf die Universität kann die Malerei wie eine Zeitleiste gelesen werden. Das Verhältnis von roten und gelben Balken verändert sich über die Länge der Leinwand und veranschaulicht, wie sich der Anteil der internationalen Studierenden – Gelb – im Vergleich zu den Studierenden mit österreichischem Pass – Rot – im Laufe der Jahre verändert hat.

Leyla Dehring und Lisa Endresz || Bauvorhaben Balkon

Bauvorhaben Balkon thematisiert den Umgang mit dem Balkon des Alten Rathauses gegenüber, von dem Adolf Hitler 1938 eine Rede hielt. Das Setting, das zur Auseinandersetzung mit dem Erbe der Nazi-Zeit auffordert, wird von einer unkenntlich gemachten historischen Aufnahme dieses Ereignisses eingerahmt, bei dem achtzigtausend Menschen auf dem Hauptplatz waren. Analog zu dieser Zahl wird die Fotografie in ebensoviele Teile zerlegt und nach dem Zufallsprinzip neu zusammengesetzt. Nichtsdestotrotz ist im so entstandenen weißen Rauschen die Dokumentation des Ereignisses, um das es geht, anwesend. Der Baustellenzaun, der den Raum mit Büchertisch und Rechercheergebnissen zu dem Thema abgrenzt, verweist darauf, dass der Umgang mit unserer Vergangenheit nicht abgeschlossen ist.

Sebastian Dorner und Mario Moder || Linz stinkt

In den 1980er Jahren hatte die Stadt Linz einen zweifelhaften Ruf: die Linz Chemie AG sorgte für einen schlechten Geruch´ in der Stadt. Heute ist davon nichts mehr bemerkbar, weshalb diese umweltbelastende Zeit zum Großteil in Vergessenheit geraten ist. Doch waren diese Jahre durchaus konfliktgeladen, es gab Bürgerinitativen, Proteste und andere Versuche, dem Geruch und dem schlechten Ruf entgegen zu wirken. Linz stinkt greift einen Slogan der Protestbewegung auf arbeitet die Zeit anhand von Fragmenten in einem neutral-künstlerischen Kontext auf.

Rosalie Siegl || Geschichte tragen

Geschichte tragen fragt danach, wie Objekte zu Träger*innen von Geschichte werden. Das Projekt wendet sich den am Hauptplatz verlegten Granitsteinen zu, die seit hunderten von Jahren in Gebrauch sind – sie wurden verlegt, ausgehoben, eingelagert, neu angeordnet und dabei Zeitzeugen[AA1] von Geschehnissen, Umbauten, Grabungen, Neugestaltungen, Veränderungen und dem alltäglichen Leben.
Einzelne Steine wurden in Wachs abgeformt. Die genauen Nachbildungen der urspünglichen Formen aus einem neuen Material gibt den Objekten eine neue Wertigkeit und Tragfähigkeit. Die Steine werden zu Geschichtenerzählern[AA2] und sprechen von Vergänglichem, Veränderung, Ursprung, Fürsorge, Verborgenem, Trennendem und Vereinendem.

Liza Rashica || Das leise Ich

Das leise Ich widmet sich dem Thema Schüchternheit. In einer interaktiven Umfrage, werden Besucher*innen eingeladen, Fragen zu beantworten und ihre Erfahrungen mit Schüchtern-Sein zu teilen. Das Projekt will ein breiteres Verständnis dafür fördern, indem es zeigt, dass Schüchternheit eine normale und weitverbreitete Erfahrung ist.

Louisa Clever || Weil sie eine Frau war

Monatlich werden in Österreich im Schnitt drei Frauen getötet. Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer. Diese Art der Gewaltverbrechen nennt man Femizid. Um auf diese schockierende Zahl aufmerksam zu machen werden auf dem Hauptplatz Schilder inszeniert, die jeweils für eine umgebrachte Frau im Jahr 2023 stehen. Die Informationen auf der Vorderseite beschränken sich auf das Sterbedatum, Täter und Mordwaffe sowie die „Nummer“ der ermordeten Frau (z.B. 1/10). Auf der Rückseite wird der Begriff Femizid erklärt und auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht diese zu thematisieren.

Alisa Matern, Sophie Morelli, Hleb Rusalouski, Ivan Sukhov & Marianne Lechner || Future Station

Die Installation Future Station lädt Besucherinnen und Besucher dazu ein, Visionen der eigenen Zukunft zu teilen. Erschaffen Sie eine Welt voller endloser Möglichkeiten, in der Wünsche und Ablehnungen eine utopische Sphäre formen. Ivan Sukhov verwendet partizipative Plakate, um ein Stimmungsbild zu essenziellen Zukunftsfragen zu erstellen. Sophie Morelli und Marianne Lechner laden zum gemeinsamen Träumen ein. Unterstützt durch künstliche Intelligenz ermöglichen sie das Erleben Ihrer Zukunftsvisionen. Tauchen Sie ein in utopische Bilder und Collagen, die voller haptischer Materialien, lebendiger Formen, faszinierender Farben und verlockender Texturen sind. In einem Diorama können Sie mit Alisa Matern ein individuelles Stillleben zum Thema Zukunft gestalten. Dafür kombinieren Sie Fotografien, Naturmaterialien, Zeichnungen und platzieren diese auf einer kleinen Bühne zu einem Fotostillleben. Mit welchen Objekten, Realitäten und Gedanken möchten wir uns in Zukunft umgeben? Gerne können Sie eigene Wunschmaterialien mitbringen. Besuchen Sie unsere Future Station, gestaltet von Hleb Rusalouski, und erleben Sie die transformative Kraft gemeinschaftlicher Kreation. Formen Sie zusammen mit uns Ihre Utopie zum Mitnehmen.

Data Vandals, Jen Ray & Jason Forrest || Performing 50 years of Kunstuni data

Data Vandals und die Abteilung Visuelle Kommunikation der Kunstuniversität Linz feiern das 50-jährige Jubiläum mit einer performativen Datenvisualisierung im öffentlichen Raum. Gemeinsam mit den Studierenden wollen wir während der Ausstellung Radical Times am Hauptplatz Linz herausfinden, was es heute bedeutet, Kunst zu studieren, wie sich die Studieninhalte in den letzten 50 Jahren verändert haben und welche Rolle Design und Kunst in Zukunft spielen werden. Data Vandals, ein Projekt von Künstlerin Jen Ray und Datenvisualisierungsdesigner Jason Forrest, schafft Kunst basierend auf Daten, um Diskussionen über verschiedene Themen auf Faktenbasis im öffentlichen Raum zu ermöglichen. Daten müssen nicht in einer Datenbank allein vorhanden sein – sie können auf den Straßen der Stadt, in Galerien, Museen und Parks lebendig werden.